Artikel zum Vorhofflimmern
Was ist Vorhofflimmern?
Unser Herz ist ein Hohlmuskel, der sich regelmäßig zusammenzieht und wieder entspannt. Dadurch pumpt es Blut in unseren Kreislauf (Blutgefäße). Pro Minute schlägt unser Herz ca. 70-mal und pumpt dabei 4 – 6 Liter Blut durch unsere Adern. Bei Aufregung oder körperlicher Anstrengung schlägt es schneller (bis zu 160-mal pro Minute), in Ruhephasen bzw. während des Schlafes nur 50- bis 60-mal pro Minute (Abbildung 1).
Es besteht aus einem rechten und linken Vorhof sowie einer rechten und linken Herzkammer (Abbildung 2). Damit das Herz schlagen (pumpen) kann, benötigt es einen elektrischen Impuls. Dieser hat seinen Ursprung im rechten Vorhof (Sinusknoten, Abbildung 2).
Von dort breitet sich der Impuls zunächst über die beiden Vorhöfe aus und passiert danach den sogenannten AV-Knoten. Von dort geht der Impuls weiter auf die beiden Herzkammern (Abbildung 3).
Der elektrische Impuls gibt dem Muskel einen Reiz, worauf sich zunächst die beiden Vorhöfe zusammenziehen und das Blut in die Hauptkammern pumpen. Danach zieht sich der Muskel der Hauptkammern zusammen und pumpt das Blut in den Körperkreislauf. Über das Blut werden dann die einzelnen Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Beim Vorhofflimmern ist die gleichmäßige Erregung des Herzens durch den Sinusknoten ausgeschaltet. Stattdessen werden von unzähligen anderen Orten im Vorhof elektrische Impulse ausgesendet, so dass die Vorhöfe sich nicht mehr geordnet zusammenziehen können, sondern nur noch zucken (flimmern oder auch „fibrillieren“) können. In unregelmäßigen Abständen werden diese chaotischen elektrischen Flimmerimpulse auf die Herzkammern übergeleitet. Die Folge: Unser Herz schlägt unregelmäßig, es stolpert. (Abbildung 4)
Wie verändert Vorhofflimmern die Herzleistung?
Die Vorhöfe sind viel kleiner als die Hauptkammern. Entsprechend tragen die Vorhöfe nur ca. 10 bis 15 % zur Gesamtleistung des Herzens bei. Wenn also die Vorhöfe nur noch flimmern und nicht mehr pumpen, sinkt die Gesamtpumpleistung des Herzens auf 85 bis 90 %.
Welche Symptome macht Vorhofflimmern?
Patienten mit Vorhofflimmern klagen über sehr unterschiedlicher Symptome:
- Durch die eingeschränkte Pumpleistung kann sich eine Herzschwäche einstellen. Insbesondere bei den Patienten, die bereits vorher eine Herzschwäche haben, wird sich diese verstärken. Die Patienten klagen über Luftnot und allgemeine Leistungsschwäche, vor allem bei körperlicher Anstrengung.
- Auch klagen die Patienten über unangenehmes Herzstolpern oder auch Herzrasen. Dies erklärt sich durch das ungeordnete Schlagen der Hauptkammern.
- Andere wiederum leiden unter Brustschmerzen (Angina pectoris), insbesondere wenn zusätzlich eine Durchblutungsstörung der Herzkranzarterien vorliegt.
Viele Patienten haben das Vorhofflimmern nur anfallsartig (medizinisch: paroxysmal). Das heißt, an vielen Tagen bis Wochen „ist alles in Ordnung“, dann aber kommt es zu dem Vorhofflimmern mit den unangenehmen Symptomen, die anfänglich nur Minuten oder wenige Stunden anhalten. Im weiteren Verlauf werden die Episoden von Vorhofflimmern häufiger und länger anhaltend. Wenn das Vorhofflimmern dann nicht behandelt wird, geht es über in chronisches Vorhofflimmern. Das heißt, das Herz schlägt ständig unregelmäßig.
Wie kommt es zum Vorhofflimmern?
Die häufigste Ursache ist ein hoher Blutdruck. An zweiter Stelle stehen die Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit). Seltener kann auch eine Schilddrüsenüberfunktion dafür verantwortlich sein. Bei 10 % aller Patienten mit Vorhofflimmern finden wir keine Ursache. Die Rhythmusstörung ist also das einzige Leiden des Patienten.
Wie stellt man die Diagnose?
Mit dem EKG. Allerdings muss man das EKG zum Zeitpunkt des Vorhofflimmerns registrieren, was bei Patienten, die nur selten Episoden von Vorhofflimmern haben, schwierig ist. Helfen kann man sich durch ein Langzeit-EKG, mit dem man bis zu 7 Tage kontinuierlich ein EKG ableiten kann. Tritt das Vorhofflimmern noch seltener auf, verwenden wir einen sogenannten Ereignis-Rekorder. Dabei handelt es sich um ein kleines Gerät, das der Patient mit nach Hause nimmt. Spürt er dann Herzstolpern, kann er dieses Gerät auf die Brust legen und dann über das Telefon sein EKG in unsere „Herzrhythmus-Zentrale“ versenden. Treten die Anfälle noch seltener auf, hilft ein Ereignisrekorder (Looprekorder), den wir als Chip unter die Haut pflanzen. Dieser Looprekorder überwacht dann unser Herz kontinuierlich über 3 Jahre (Abbildung 5 und 6).
Was macht Vorhofflimmern so gefährlich?
Neben den Beschwerden (Luftnot, Belastungseinschränkung, Angina pectoris, Herzstolpern, Herzrasen) besteht ein Risiko für einen Schlaganfall. Dieses Risiko steigt mit dem Alter des Patienten und mit dem Nachweis zusätzlicher Begleiterkrankungen (Bluthochdruck, Herzschwäche, Diabetes).
Wie entsteht ein Schlaganfall?
Wenn die Vorhöfe sich nicht mehr geordnet zusammenziehen, sondern flimmern, sinkt auch der Blutfluss in den Vorhöfen. Dadurch kann das Blut leichter gerinnen. Es entsteht ein Thrombus (Blutpfropf), der dann in den Blutkreislauf gespült werden kann und mit dem Blut in die Gefäße fortschwimmt. Da die Blutgefäße immer enger werden, bleibt der Thrombus irgendwann stecken und verstopft das Gehirngefäß (Embolie). Dadurch kommt es abrupt zur Unterbrechung des Blutflusses von Teilen des Gehirns. Die Gehirnzellen sterben in wenigen Stunden ab, wenn nicht schnellstmöglich der Blutfluss wiederhergestellt wird. Wir sprechen von einem Schlaganfall. Der Patient ist halbseitig gelähmt und kann in vielen Fällen auch nicht mehr Sprechen.
Wie behandelt man Vorhofflimmern?
Die Behandlungsziele des Vorhofflimmerns sind:
I. Verhinderung eines Schlaganfalles.
II. Beseitigung der Beschwerden (Herzstolpern, Herzrasen, Luftnot, Einschränkung der Leistungsfähigkeit)
a.) Medikamente
Antiarrhythmika: Das sind Medikamente, die das Vorhofflimmern unterdrücken. In vielen Fällen gelingt es durch Antiarrhythmika die Beschwerden des Patienten zu beseitigen oder zumindest deutlich zu bessern. Ihr Nachteil ist es jedoch, dass sie nur für eine gewisse Zeit wirken und manche Antiarrhythmika stärkere Nebenwirkungen haben.
Behandelt werden müssen auch die Erkrankungen, die Ursache für das Vorhofflimmern ist. So ist eine gute Einstellung des Bluthochdruckes und der Zuckererkrankung ebenso wichtig wie die Behandlung einer Herzschwäche oder Herzkranzgefäßerkrankung.
b.) Katheterablation (Verödung)
Über die Entstehung von Vorhofflimmern wissen wir heute sehr viel. Ausgangspunkt sind zunächst einzelne Zusatzimpulse (Extrasystolen), die am Übergang von den Lungengefäßen zu dem Vorhof entstehen (Abbildung 7)
Die Venen werden durch die Ablation vom Vorhof elektrisch isoliert. Wir sprechen deshalb auch von „Lungenvenenisolation“ oder „Pulmonalvenenisolation“ (PVI). Die Ablation geschieht mit Hilfe eines speziellen Katheters (dünner Schlauch) an dessen Spitze durch Hochfrequenzstrom Temperaturen um 40 bis 50°C erzeugt werden. Dadurch ergeben sich feinste Verschorfungen an der Innenhaut des Vorhofs, die später vernarben und dadurch eine Barriere für die Extrasystolen bilden. Ähnliche Narben kann man auch durch Kälte setzen (Cryo-Ablation).
Wie ist der Ablauf einer Pulmonalvenenisolation?
Wir führen die Untersuchungen in einer leichten allgemeinen - Narkose durch (tiefer Schlaf). Nach entsprechender Vorbereitung werden zwei dünne sehr biegsame Katheter in den linken Vorhof vorgeschoben, um dann mit spezieller Computertechnik das Herz drei-dimensional darzustellen. Danach werden die Lungenvenen Punkt für Punkt mit dem Ablationskatheter umfahren (wie „Punktschweißen“), bis ein kompletter durchgehender Ring (entsprechend einer Schweißnaht) um die Venen gelegt ist. In aller Regel isoliert man jeweils zwei der insgesamt vier Venen gemeinsam (Abbildung 8). Die Prozedur dauert ca. 1 ½ bis drei Stunden. Danach wird der Patient noch ca. einige Stunden auf unserer Intensivstation überwacht. Wenn am folgenden Tage die Ergebnisse einiger Zusatzuntersuchungen den Erfolg der Therapie bestätigen, kann der Patient noch am selben Tag wieder entlassen werden.
Wie sind die Erfolge einer Pulmonalvenenisolation?
Wenn es gelingt eine komplette Ablationslinie um die Venen zu legen (gelingt in den allermeisten Fällen, dann sind nach einem Jahr ca. 70 bis 75 % unserer Patienten frei von Vorhofflimmern. In einigen Fällen können wieder Lücken in den Linien entstehen, die dann in einer zweiten Prozedur wieder geschlossen werden, mit einem noch besseren Langzeiterfolg.
Die Behandlung nach einer Pulmonalvenenisolation
Über drei Monate erfolgt eine „Blutverdünnung“ mit Marcumar oder Falithrom. Diese wird in aller Regel beendet, wenn nach dieser Zeit kein Vorhofflimmern mehr beobachtet wurde.
Wie verhindere ich einen Schlaganfall?
Unabhängig davon, ob das Vorhofflimmern Beschwerden macht oder nicht: Es besteht immer ein Risiko, dass es zu einem Schlaganfall kommen kann. Aus diesem Grunde müssen Patienten, je nach dem wie hoch das Risiko ist, eine gerinnungshemmende Therapie erhalten. In Deutschland wird zumeist Marcumar oder Falithrom verordnet. Diese Medikamente müssen streng nach Plan eingenommen werden, da eine zu niedrige Dosierung einen Schlaganfall nicht verhindert, eine zu hohe Dosierung aber das Risiko einer Blutung (im schlimmsten Fall eine Hirnblutung) erhöht. Ein gut eingestellter Wert liegt dann vor, wenn der sogenannte INR zwischen 2 und 3 liegt. Noch in diesem Jahr wird ein neues Medikament auf dem Markt kommen, das eine noch höhere Wirksamkeit zur Unterdrückung eines Schlaganfalls haben dürfte. Darüber hinaus scheinen nach ersten Studien auch die Nebenwirkungen (Gefahr von Hirnblutungen) sehr viel geringer zu sein. Welche Patienten von diesem neuen Medikament besonders profitieren und deshalb damit behandelt werden sollten, werden weitere Erfahrungen im Umgang mit dieser neuen Substanz bringen.